Business-Zombie: Der Leitbild-Zombie - Drei Killerstrategien

Ein kalter Hauch weht durch die Chefetage. Stimmen flüstern... FLUKTUATION...DEMOTIVATION...NACHWUCHSPROBLEME...WUAHAHAHAHAAAA!!! Schauerlich heult der Wind, als der Geschäftsführer seine Assistentin anweist: “Holen Sie mir die Führungsebene zusammen. Heute, 16 Uhr. Alle!“

Von Beatrix Schmiedel

Cartoon zombie businessman stalking, © antonbrand, fotolia.com
Cartoon zombie businessman stalking, © antonbrand, fotolia.com

Die meisten Unternehmen haben es, aber wissen nichts damit anzufangen. Haben Geld ausgegeben für eine Zombiefütterung und damit gleichzeitig auch noch Zeit totgeschlagen. Zeit, in der so viel Wertvolles hätte passieren können. Hätte.

 

Wovon zum Teufel (Es ist schließlich Zombie-Woche!) spreche ich?

 

Ich spreche von Leitbildern. Von dem, was Mitarbeiter und Führungsebene vereinen soll und sie unweigerlich noch mehr trennen wird, als es hierarchische Ebenen zu tun vermögen, wenn wir weiter machen wie bisher.

 

Eines schönen Tages kommt jede Geschäftsführungsebene, Personal- oder Marketingabteilung auf die Idee, doch einmal aufzuschreiben, was die Vision, die Mission und das Leitbild des Unternehmens sind. Was uns antreibt, was uns besser machen soll und was uns alle auf einen Nenner bringt. Denn das klingt so schön und macht so einen guten Eindruck. Also kommt das Management zusammen. In manch’ einem Unternehmen nimmt man sogar richtige Mitarbeiter mit in den Kreis derer auf, die ab jetzt in einem muffigen Meetingraum bei Keksen und Kaffee anfangen werden, Wortklauberei zu betreiben.

Die Geister, die wir riefen

Gehen wir also zum Ort des Geschehens – in den Meetingraum, in welchem diejenigen brüten, deren Aufgabe es nun ist, gute Formulierungen für die Seele des Unternehmens zu finden. Der Anspruch: Glaubwürdigkeit, Umsetzbarkeit, Messbarkeit. Und vom Vorstand noch der Zusatz: „Aber vergessen Sie nicht, wir sind zum Geld verdienen hier!“ Die Geister, die er rief, wird die Gruppe im Raum nicht mehr los.

 

Sie beginnen mit ihrer Arbeit. Aber sie wissen noch nicht, dass der Leitbild-Zombie bereits zähnefletschend lauert. Sie werfen Begriffe und Formulierungen in den Raum: Fairness, Nachhaltigkeit, Innovation. Menschlichkeit, Karriere, Balance. Profit und Rendite, Zukunftsweisend, Wertschätzung, Sinn und Umwelt, Servicekultur, Förderung.

 

Zufrieden atmet der Leitbild-Zombie den Duft dieser Worte ein. Darauf hat er gewartet, denn mit ihnen hat er leichtes Spiel. Er weiß: Wird aus ihnen jetzt das Leitbild formuliert, dann kann er weiter im Unternehmen leben und die Stimmen füttern, die Fluktuation, Misstrauen, Demotivation rufen. Denn eines ist klar: Je schwammiger ein Leitbild formuliert wird, desto schneller kommt auch der Leitbild-Tod im Unternehmen. Treffer – Geld versenkt! Die Einbußen sind jedoch mehr als nur monetär, denn Glaubwürdigkeit nach innen und nach außen ist heute zum unbezahlbaren Gut geworden.

 

Wann ist es für Unternehmen wichtig geworden, den Leitbild-Zombie zu füttern und schöne statt wahre Worte für den eigenen Antrieb zu finden – also lieber zu labern? Und seit wann sind zehn halbgare Schwammsätze gefühlt mehr wert als zwei ehrliche Formulierungen, mit denen wirklich und für jeden etwas anzufangen ist?

Der wirre Glaube, Authentizität richte Schaden an...

Die Antwort ist einfach: Seit wir angefangen haben zu glauben, dass Authentizität uns schadet. Aber auch, seit wir nur noch den perfekten Mitarbeiter suchen, die perfekten Verkaufszahlen anpeilen und in jeder Unternehmenslage gegenüber Aktionären und Investoren, Kunden und potentiellen Bewerbern glänzend poliert scheinen wollen.

 

Vorstände und Geschäftsführungen, Personal- und Marketingabteilungen suchen nach einem Weg, ihr Unternehmen als solches nach außen besser darzustellen und rücken dabei die Produkte oder Dienstleistungen aus dem Fokus hinaus, dafür aber das Innere – das „Wie wir sind“ – des Unternehmens hinein. Davon versprechen sie sich ein positives Image, die Lösung eines Recruitment- und Nachwuchsproblems und einen höheren Sympathiewert, gekoppelt an höhere Verkaufszahlen. Das ist gut gedacht, weist aber in der Regel einen großen Denk- und Umsetzungsfehler auf: Ein Leitbild ist nicht für die Außenwelt gedacht - es strahlt viel mehr nach innen. Es muss im Unternehmen selbst akzeptiert und gelebt werden, bevor es seine größere Wirkung entfalten kann. Einen im Inneren faulen Zahn können wir heute auch von außen schön verblenden. Schmerzen, faulen und stinken wird er weiterhin. Erst die Behandlung in seinem Inneren lässt ihn gesund werden und auch nach außen gesund aussehen.

Wie loyal ist einer, der nur eine Rolle spielt?

So kommt es, wie es kommen muss: Die nicht vorhandene Akzeptanz eines Leitbildes bei den Mitarbeitern wird von vielen Unternehmen heute verschwiegen. Welcher Vorstand gibt schon gern zu, dass die Leitbilder und Kodexes auf der Internetseite nur hohle Formulierungen sind? Das Problem: So schadet das Leitbild dem Unternehmen. Denn jeder Mitarbeiter, der über das Leitbild den Kopf schüttelt, spricht auch darüber und zuckt abschätzig mit den Schultern. Zusammen mit Kollegen, vor Freunden, der Familie und gar den Kunden und Mitbewerben. Wie loyal ist ein Mitarbeiter, der sich von einem Zombie verfolgt fühlt und glaubt, einem Marketing-Gag aufzusitzen, in dem er qua Arbeitsvertrag eine Rolle zu spielen hat?

Drei Leitbild-Zombie-Killer für den Unternehmensalltag

Doch wie kommen wir alldem bei? Eine erste Strategie kann es sein, bereits am Anfang bessere Formulierungen zu treffen. Klarer zu beschreiben, was Sie genau meinen mit den Schlagworten im Leitbild. Eine meiner wichtigsten Fragen dazu lautet immer: Woran werden Sie im Alltag bemerken, dass Ihr Leitbild Bestand hat? Welche Regeln werden dazu gelten?

 

Die zweite Strategie setzt an dem Punkt an, an welchem unser Leitbild-Zombie lauert. Wenn Sie gerade dabei sind, Ihr Leitbild zu formulieren oder zu überarbeiten, denken Sie an dabei an Einzigartigkeit und Wahrheit. Schauen Sie sich gerade die weniger guten Seiten Ihres Unternehmens an, denn diese sagen viel über den Umgang miteinander aus, mit Kunden und Lieferanten. Nehmen Sie jede Kritik daran ernst. Und wenn einer Ihrer Mitarbeiter Zweifel an den Formulierungen hat, füttern Sie den Zombie nicht mit schwachen Sätzen, sondern fragen Sie sich: „Können wir mit dieser Formulierung eine bessere Version unseres Unternehmens erschaffen und wenn ja, wie genau werden wir es zukünftig ganz konkret erreichen?

Vorleben gegen Leitbildsterben!

Die wichtigste und ganz bestimmt auch nachhaltigste Strategie im Umgang mit dem Leitbild-Zombie ist jedoch keine Frage- oder Planungstechnik. Es ist die einfachste und gleichzeitig schwerste Strategie: Leben Sie ihr Leitbild vor! Wenn Sie das nicht können - sei es nun als Vorstand, Geschäftsführer, Angestellter mit oder ohne Führungsverantwortung, als Auszubildender oder langjähriger Mitarbeiter – dann überlegen Sie: Haben wir das Leitbild wirklich gut formuliert? Und bin ich hier überhaupt richtig?

 

Denn so wie es begann, endet es sonst womöglich auch: Mit Zombies an allen Stellen des Unternehmens. Hören Sie auf, sie zu füttern!


Ihre

Beatrix Schmiedel
Leitbildarchitektin, Consultant, Speaker

www.beatrix-schmiedel.de


Fotorechte Autorenporträt: Jürgen Elskamp
Fotorechte Illustration Zombie:Cartoon zombie businessman stalking, © antonbrand, fotolia.com




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Beatrix Schmiedel

Beatrix Schmiedel
Leitbildarchitektin, Consultant, Speaker

 

Jg. 1977, Studium der Sozialpsychologie, Linguistik und Literaturwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2001 Arbeit als Beraterin mit den Schwerpunkten Werte und Leitbilder in Unternehmen, strategisches Marketing, Unternehmenskommunikation und Kundenservice.

 

www.beatrix-schmiedel.de

 

Ihr Buch zum Thema lautet:

"Das Brathuhn in der Badewanne: 52 Fragen an dein Leben" von Beatrix Schmiedel erschienen im tredition Verlag 2013.


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Die lange Business-Zombie-Woche

Die lange Business-Zombie-Woche, 22.-31.10.2014, © Bianca Fuhrmann, #BusinessZombie
Die lange Business-Zombie-Woche, 22.-31.10.2014, © Bianca Fuhrmann


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Über Bianca Fuhrmann

Bianca Fuhrmann, Diplom-Ingenieurin, systemischer Business Coach (SHB), Buchautorin und Vortragsrednerin, ist seit über 15 Jahren als Expertin in der Führungskräfteentwicklung und im Projekt-Krisenmanagement tätig.

Sie ist die Entwicklerin der Projekt-Voodoo®-Strategie für Führungskräfte und berät Unternehmen, wie diese Zombie-Projekte wiederbeleben können.


Ihr Buch zum Thema trägt den Titel „PROJEKT-VOODOO®.


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