Teams werden im Alltag geformt und nicht in Teambildungsmaßnahmen.
Teambildungsmaßnahmen sind nur nette Spielereien, die kurzfristig Spaß bringen und viel Geld kosten. Sie können sogar einen gehörigen Schaden anrichten, wenn deren manipulative Art mehr als offensichtlich ist. Dann spaltet es eher ein Team, als dass es dieses zusammenführt.
Was nützen Weltklasse-Feldspieler, wenn sie nicht als Team arbeiten? Nichts.
Dass die deutsche Nationalmannschaft als EIN TEAM auftritt, hat sie besonders am 04.07.2014 im WM-Achtelfinale gegen Frankreich gezeigt. Wie gut das Team war, zeigen die diversen Kommentare der ausländischen Zeitungen, wie beispielsweise:
L'Equipe (Frankreich): "Ausgeschieden mit Auszeichnung. Der Traum der Bleus ist deutlich an einer effizienteren Mannschaft zerschellt.“
oder
Corriere dello Sport (Italien): "Deutschland zieht ins Halbfinale dank eines Teams, das keine Schwach-punkte zu haben scheint.“
Und auch Philipp Lahm, der Mannschaftskapitän, bestätigt: „Wir standen wieder als Mannschaft auf dem Feld!“
Mehmet Scholl, ARD-Co-Moderator der WM 2014, im Gespräch mit Matthias Opdenhövel eröffnet die Schlussbetrachtung nach dem Spiel mit den Worten: "Glückwunsch der deutschen Nationalmannschaft – das war EINE Mannschaft. Wenn der eine nicht mehr konnte, ist der andere mitgerannt." Und er bringt es auf den Punkt, indem er klarstellt, dass ein Team auf dem Feld geformt wird und nicht in Teambildungsmaßnahmen, beim Klettern auf Bäumen.
Das ist auch meine Erfahrung und Meinung!
Teams werden im Alltag geformt und nicht in Teambildungsmaßnahmen.
Wenn Sie wirklich eine nachhaltige Veränderung im Team bewirken wollen, dann brauchen Sie auch Methoden, mit deren Hilfe Sie regelmäßig mit dem Team arbeiten können. Erfährt dabei das Team ein besonderes Maß an Wertschätzung, Respekt und Vertrauen, formen Sie so nachhaltig ein Team, das mit Ihnen durch dick und dünn gehen wird.
Teambildungsmaßnahmen sind nur sehr eingeschränkt sinnvoll
Nicht dass Sie denken, dass ich Teambildungsmaßnahmen per se verteufle. Ich finde sie gut, aber nur, wenn sie unter zwei ganz bestimmten Ausrichtungen stehen:
- wenn es keine akuten Krisensituationen gibt
- wenn man sich zwanglos kennenlernen möchte
Aber eines muss bei der Ausführung immer gewährleistet sein: Sie darf nicht manipulativ angewendet werden! Und da habe ich leider schon sehr häufig das Gegenteil erlebt.
Deshalb mein absoluter Rat:
Finger weg von Teambildungsmaßnahmen!
Auch zum Thema Kennenlernen gibt es viel effektivere und nachhaltigere Maßnahmen, wie beispielsweise das regelmäßige gemeinsame Frühstücken oder ganz allgemein das gemeinsame Erleben.
Teambildungsmaßnahmen sind in Krisensituation kontraproduktiv!
Warum haben Teambildungsmaßnahmen immer noch eine so große Beliebtheit? Und warum hält sich der Irrglaube so fest in den Köpfen der Abteilungsleiter, Berater und Einkäufer, dass diese Maßnahmen die Wunderwaffe gegen Teamprobleme sind?
Weil Teambildungsmaßnahmen vor allem immer dann durchgeführt werden,
- wenn der Projektleiter oder die Führungskraft das Team nicht führen kann,
- wenn der Zusammenhalt fehlt,
- wenn sogar der Verdacht zur Team-Meuterei geäußert wird
- oder wenn eine akute Krisensituation besteht.
Als Krisenmanagerin erlebe ich öfters, dass Auftraggeber dann regelrecht nach einer zielführenden und schnellen Teambildungsmaßnahme schreien. Was ich aber immer ausdrücklich ablehne.
Warum? Das liegt auf der Hand. Teambildungsmaßnahmen lösen nie die Probleme, diese werden sogar nur selten währenddessen thematisiert. Der vermeintlich positive Effekt verpufft bereits häufig schon in den ersten Tagen nach der Durchführung. Für mich sind diese Arten von Maßnahmen häufig eine Mogelpackung, in der vermittelt wird, dass Führungskräfte mit ein wenig „gemeinsam auf Bäume klettern“ das Team zusammenschweißen.
Wenn die Führung oder der Teamzusammenhalt fehlen, dann ist das oft eine Schwäche der Führungskraft und nicht des Teams. Um nachhaltig eine Veränderung zu bewirken, empfehle ich viel effektivere Maßnahmen wie beispielsweise das Etablieren von rituellen Handlungen sowie eine klare Haltung und Einstellung zum eigenen Team.
Und wenn Projektkrisen bereits alles zum Stillstand gebracht haben, benötigt man eine Kombination aus Krisenintervention und Führungskräfte-Coaching.
Das eigene Team ist das Rückgrat der Führungskraft.
Und ohne ein starkes Kreuz gehen wir permanent gekrümmt. Ohne das Team ist die Führungskraft nichts. Viele Führungskräfte haben leider genau die gegenteilige Meinung, beispielsweise dass Menschen austauschbar wären und dass man mit genügend Druck alles erreichen kann. Wenn diese Meinung und Führungsmethode vorherrscht, braucht man sich nicht wundern, dass Teams früher oder später meutern oder der Krankheitsstand in die Höhe schnellt.
Eindeutige Indikatoren für stille Krisen sind
- ein erhöhter Krankheitsstand,
- die überdurchschnittliche Flucht in Betriebsamkeit und Bürokratie
- oder die allgegenwärtige Resignation.
All dies sind starke Indikatoren dafür, dass im Team etwas Grundlegendes nicht stimmt und dass man es eher mit einer stillen Krise, also mit einem Zombie zu tun hat. Und Zombies lassen sich nicht einfach so mit ein paar Teambildungsmaßnahmen wiederbeleben, das ist jedem bekannt.
Rituelle Handlungen geben Halt, Ordnung und Sicherheit.
Unter rituellen Handlungen verstehe ich kleine, aber feine Führungsmethoden, die allen Beteiligten etwas bringen. Sie werden in regelmäßigen Abständen ausgeführt. Die Management-by-Walking-around-Methode ist beispielsweise sehr effektiv.
Rituelle Handlungen haben drei absolut essenzielle Regeln:
- Rituelle Handlungen müssen immer freiwillig und zwanglos ausgeführt werden.
- Jedem Einzelnen obliegt die Entscheidung, ob er mitmachen will oder nicht.
- Jede manipulative Art und Weise im Umgang mit den Menschen muss verhindert werden.
Die Management-by-Walking-around-Methode
Diese Methode ist denkbar einfach, hat aber ein enormes Potenzial. Die Methode funktioniert wie folgt:
- Besuchen Sie in regelmäßigen Abständen die einzelnen Personen Ihres Teams. Erst recht dann, wenn sie örtlich verteilt sitzen! Denn hier helfen Telefonate und Videokonferenzen nicht, um einen persönlichen Kontakt aufzubauen. Dieser aber ist Gold wert!
- Reden Sie mindestens zu 50 Prozent über Themen, die nicht im Zusammenhang mit dem Projekt und dem Team stehen.
- Trauen Sie sich, nach dem eigenen Befinden und den Bedürfnissen zu fragen!
- Zeigen Sie, dass Sie ein echtes Interesse an der Person haben.
- Erzählen Sie von sich und auch von Ihren privaten Erlebnissen.
- Entspannen Sie bei diesen kurzen, zwanglosen Gesprächen und betrachten Sie diese nicht als eine Pflichtübung.
- Treffen Sie sich dabei mit Ihren einzelnen Mitarbeitern nicht in Ihrem Büro oder in einem Meetingraum. Gehen Sie vielmehr in das Büro des Mitarbeiters, gehen Sie gemeinsam spazieren oder einen Kaffee trinken.
- Als Richtwert kann bei der Management-by-Walking-around-Methode pro Gesprächspartner eine Gesprächsdauer von 15 bis 30 Minuten dienen.
- Versuchen Sie, etwa ein Mal pro Woche diese Gespräche zu führen. Bei örtlich verteilten Teams ist ein Mal pro Monat die unterste Frequenz. Das Wichtigste dabei ist, dass sich Ihr Team darauf verlassen kann, dass die Gespräche stattfinden und Sie nicht den Termin bei der ersten Ablenkungsmöglichkeit verschieben.
- Zuverlässigkeit ist hierbei das oberste Gebot.
Vorteile ...
Diese simple Management-Methode bringt entscheidende Vorteile auf dem Weg zu einem geschlossenen und schlagkräftigen Team:
- Sie ist einfach durchzuführen.
- Sie lernen Ihr Team und jeden Einzelnen im Team persönlich kennen.
- Im lockeren Gespräch, jenseits von starren Meeting-Strukturen und Abläufen, lernt man leichter die Menschen dahinter kennen.
- Ihre Offenheit und Ihr Interesse an den Personen wird meistens mit Respekt und Treue belohnt.
- Man erkennt frühzeitig, ob sich Probleme anbahnen.
- Das Team und jedes einzelne Mitglied kann so zwanglos wie ein Frühwarnsystem für potenzielle Projektrisiken agieren. Und diese Verhaltensweise schenkt Ihnen kostbare Zeit, die Sie unbedingt bei gefährlichen Projektsituationen benötigen können.
Nachteile ...
Die Nachteile liegen klar auf der Hand:
- Diese Methode funktioniert nicht als Einmal- oder Hauruck-Aktion.
- Die Methode kostet Zeit, erst recht, wenn Sie ein verteiltes Team haben.
Aber die Vorteile erschlagen förmlich die Nachteile. Probieren Sie es aus!
Mein besonderer Teambildungs-Tipp zur WM 2014
Zum Schluss habe ich noch einen besonderen Tipp für Sie:
- Spielen Sie gemeinsam Fußball, gehen Sie Joggen oder nutzen Sie sonstige sportliche Aktivitäten.
- Veranstalten Sie auf freiwilliger Basis ein Public-Team-Viewing
Und gerade zur aktuellen WM: Schauen Sie doch das Halbfinalspiel Deutschland gegen Brasilien am 08.07.2014 gemeinsam an. Spendieren Sie etwas zu trinken oder noch besser: Lassen Sie Ihrem Team freie Hand in der Organisation Ihres ganz persönlichen Public-Team-Viewings. Das ist definitiv schon mal ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Wenn Sie rituelle Methoden, wie beispielsweise die Management-by-Walking-around-Methode konsequent anwenden, dann können Sie sich darauf verlassen, dass Ihr Team Ihr Rückgrat bildet.
Es sollte selbstverständlich sein, dass Sie als Führungskraft Ihrem Team den Rücken frei halten, aber es ist ein noch schöneres Gefühl, wenn es auch Ihr Team für Sie tut. Wenn man sich so aufeinander verlassen kann, haben Sie die geballte Team-Power und das Team-Selbstbewusstsein, die das Projekt, Sie und Ihr Team nach vorne bringen!
Wenn Sie an weiteren Führungsmethoden jenseits von Teambildungsmaßnahmen interessiert sind, dann können Sie diese gerne in meinem Projekt-Voodoo® Buch nachlesen. Ich empfehle Ihnen hierzu besonders das Kapitel 4.
Lesen Sie in einer der nächsten Folgen, wie zerstörerisch Druck als Führungsmethode sein kann und was dagegen hilft.
Und wie geht es Ihnen mit dem Thema?
- Wie ist Ihre Erfahrung mit Teambildungsmaßnahmen?
- Welche Teambildungstechniken sind bei Ihnen erfolgreich?
- Nutzen Sie bereits rituelle Führungsmethoden?
Ich freue mich über Ihre Kommentare und das Teilen des Artikels.
Ihre Bianca Fuhrmann
Zur Autorin:
Bianca Fuhrmann, Diplom-Ingenieurin, Systemischer Business Coach (SHB), Buchautorin und Vortragsrednerin, ist seit über 15 Jahren als Projektmanagementexpertin und als Projekt- und Führungskräfte-Coach tätig. Sie ist die Entwicklerin der Projekt-Voodoo®-Strategie. Zu ihren Kunden zählen namhafte DAX-Unternehmen und innovative Mittelständler.
Ihr Buch zum Thema heißt:
PROJEKT-VOODOO®: Wie Sie die Tücken des Projektalltags meistern und selbst verfahrene Projekte in Erfolge verwandeln.
Der Krisen- und Konfliktmanagement-Ratgeber für den Projektalltag für Projektleiter und Führungskräfte!
Werfen Sie einen Blick auf den Buchtrailer oder direkt ins PROJEKT-VOODOO®-Buch.
Sie wollen mehr darüber erfahren wie ich Sie und Ihr Team auf Projekterfolgskurs bringen kann, dann schreiben Sie mir an info@bianca-fuhrmann.de oder füllen Sie das Kontaktformular aus.